Gutes ist oftmals ganz leise...Essen mit Jan Paul und Paul in Bad Karlshafen


 

Es ist Feiertag und wir sind wie meistens, wenn es die Zeit erlaubt, unterwegs. Unseren ersten Gast entdecken unser Land Rover Defender (das Reise-Beast),  Rober und ich in ein Umfeld, das historisch nicht besser zum Thema passen könnte.

 

Das Umfeld

Bad Karlshafen und Helmarshausen, die ehemals als eigenständige Städte mit Marktrecht nebeneinander existierten wurden im Zuge der Gebietsreform 1972 zu einer Stadt zusammengelegt. „Wir arbeiten in unserem Heimatverein die Geschichte auf. Wir müssen in der heutigen Zeit endlich zusammenarbeiten um Touristen anzulocken“, erzählt uns die ehrenamtlich beschäftigte Dame, die, gemeinsam mit ihrem Mann in einem kleinen Häuschen vor der Krukenburg Eintrittskarten und heiße Bockwürste verkauft. „Helmarshausen hat um 1700 die Hugenotten, die damals aus Frankreich kamen bei sich aufgenommen, bis sie in Bad Karlshafen angesiedelt wurden. Das ging damals mit gemischten Gefühlen einher. Bis heute existieren viele Vorurteile – aber diese wollen wir endlich abbauen“, berichtet die Frau kämpferisch. Wer die Geschichte hautnah erleben möchte sollte das Heimatmuseum des Vereins in der Poststraße 40 besuchen.

 


 

 

Wir fahren mit unserem Land Rover weiter durch Bad Karlshafen und sind über das komplett andersartige Stadtbild erstaunt. Anstelle sonst für diese Gegend typische Fachwerkhäuser prägen weiße Prunkbauten die Straßen. Der frankophile Einfluss ist deutlich spürbar und drückt sich auch in der Mentalität der Menschen aus. Die Stadt ist allgemein etwas unordentlicher, die Häuser leicht marode und die Menschen sind irgendwie etwas entspannter, wie man es aus Südfrankreich kennt. Sie fegen nicht die Straße, sondern sitzen im Café und genießen die letzten Sonnenstrahlen dieses Sommers. Rober stoppt das Reise-Beast abrupt, denn überall wo es Kaffee gibt, hält er gerne an. So schließen wir uns den Einheimischen an und trinken erst einmal einen guten Cappuccino, der übrigens im Eissalon Cortina an der Hauptstraße fantastisch schmeckt. Wir fahren durch das Zentrum, über die Brücke und halten uns links. Direkt neben der Weser muss es ein altes Schwimmbad gegeben haben. Das Gitter steht offen, wir halten. Neugierig betreten wir die Plattform und tatsächlich: ein verrotteter Sprungturm und eine alte Bademeisterkabine zeugen von der Vergangenheit des Ortes als Freibad. Aber warum stehen hier so viele Fahrräder herum? Außerdem ein rotes Tandem und in der Ecke eine bunt geschmückte Rikscha?

 


 

 Unsere Gäste

„Hallo, wollt ihr ein Fahrrad ausleihen?“ Ein großer, sportlicher Mann mit einem gewinnenden Lächeln kommt um die Ecke. Sofort hört man den holländischen Akzent. Gut, dass Rober fließend niederländisch spricht. So kommen die Beiden schnell in Kontakt.

Was macht ein Niederländer in Bad Karlshafen und wie kommt es dazu, dass er hier klischeehafter Weise noch einen Fahrradverleih besitzt? Wir sind uns einig: Dieser Mann soll unser erster Gast sein. Die Geschichte klingt spannend. Wir erzählen ihm von unserem Projekt. „Dürfen wir dich zum Essen einladen?“ Fragt Rober. Jan Paul ist überrascht aber er willigt ein. Rober hat schwarze und rote Bohnen dabei. Diese setzt er für ein Chili con Carne auf. Gut, dass er im Reise-Beast immer eine Notfall Ration unserer Gewürzmischung parat hat. Diese Gewürze sammelt Rober bei den Reisen, die wir mit dem Reise-Beast unternehmen. Diese werden dem Chili das notwendige Aroma geben.

Jan Paul, so stellt sich unser Gast vor, muss noch einmal weg. Seine Enkelkinder sind da und am freien Tag möchte er mit Ihnen spazieren gehen. Außerdem kommt später noch ein Freund, der im Moment Urlaub in Bad Karlshafen macht. Aber der könnte nachher auch mit Essen? Eine super Idee, denn die Bohnen müssen sicher zwei Stunden köcheln.

 


 

 

„Wir kamen selbst als Touristen nach Bad Karlshafen“, erzählt Jan Paul. „Damals hatten wir in unserer Heimat Zwolle keine Perspektive und uns wurde ein Haus hier günstig angeboten. Wir schlugen ein und haben seitdem hier in Bad Karlshafen das Ferienhaus An der Saline und diesen Fahrradverleih. Das Ferienhaus ist direkt gegenüber. Am meisten hat mich aber die Landschaft angesprochen.“ Klar, wer Zwolle kennt, weiß, dass es dort viel plattes Land gibt. „Ich biete hier neben Ferienwohnungen auch Radtouren und Spaziergänge für Touristen an. Der Solling bietet tolle Strecken an.“ Daher überrascht uns auch die Antwort auf die nächste Frage nicht. „Was sollten sich Touristen hier unbedingt anschauen?“ wollen wir wissen. Wie aus der Pistole geschossen kommen folgende Ziele: der Hugenottenturm, der Skywalk und die Sohnreyhöhe. Der Hugenottenturm und der Skywalk sind ausgeschildert und touristische erschlossen. Die Sohnreyhöhe ist ein Geheimtipp. Ab dem Verleih immer geradeaus die Straße hoch, dann findet man diese schon…“

Als hätte er es gehört kommt ein anderer, großer gewachsener sehr sportlicherer Mann um die Ecke. Paul, der Freund von Jan Paul, kommt gerade von einer Lauftour von der Sohnreyhöhe zurück und zeigt uns die Fotos auf seinem Handy.

 


 

Rober brät das Fleisch an mit den Gewürzen und wir überbrücken die Zeit bis zum Essen mit Kaffee. Rober macht Fotos von den beiden Männern.

Paul kommt immer im Herbst zu Besuch nach Bad Karlshafen. Die beiden Freunde kennen sich aus Zwolle und sie verbindet ihre Leidenschaft zu Sport.

 



 

Das Essen

Das Essen ist fertig. Rober richtet das Chili an. Mit Nachos und Koriander dekoriert serviert er es der hungrigen Truppe. Zum Chili gibt es erst Wasser, später ein Corona. „Die Gegend hier ist ideal für Sport“, schwärmen beide. Hier gibt es diese Berge, die wir in den Niederlanden nicht haben. Hier sieht es doch wirklich so aus, wie wir uns als Niederländer Deutschland immer vorstellen.“ Wir schmunzeln, denn Bad Karlshafen ist für uns alles andere als typisch Deutsch. Aber, wer legt diese Vorurteile fest? Beide schwärmen von gutem Essen (zu sehr erschwinglichen Preisen), der Ruhe und der tollen Natur hier. „Bad Karlshafen ist auf jeden Fall ein Geheimtipp für Niederländer. Und den großen Campingplatz gibt es ja direkt unten an der Weser. „Dein Essen schmeckt übrigens ganz fantastisch“, lieber Rober.

Während unseren Besuches in Jan Pauls Radverleih kommen viele Menschen: Touristen aber auch Flüchtlinge und Kinder, die Jan Paul treffen möchten und Ihre Anliegen vortragen. Einer der Flüchtlinge bittet Jan Paul, aus einem Stück Blech einen Korpus für eine Gitarre zu biegen. „Meine Tür ist ja immer auf und die Menschen sehen, aha der hat einen Laden und kommen dann mit ihren Anliegen hier her“, erklärt Jan Paul.

 


 

 

Für Jan Paul und Paul gibt es Nachschlag vom Chili. Wir entdecken den Schriftzug auf der Jacke von Paul. Die Warmlopers? Nie gehört, was ist das, wollen wir wissen. Bei beiden Männern ist eine tiefe Bescheidenheit spürbar. „Wir laufen für den guten Zweck. Wir haben eine Homepage, da kann man für die Läufer spenden. Wir laufen dann die Strecke und das Geld geht an die, die es benötigen. Mein Vater hat damit angefangen. Wir sind aber kein Verein, sondern machen das einfach so. Einmal im Jahr besuchen wir gemeinsam Jan Paul und übernachten in seinem Ferienhaus. Wir sind hier auch schon mit Flüchtlingen gelaufen.“ „Ich verbinde mich beim Laufen oder Radfahren über eine App mit den Warmlopers und wenn ich dann hier durch die Berge laufe, bin ich ja irgendwie auch dabei,“ erklärt Jan Paul, der mittlerweile die Deutschen Warmlopers gegründet hat um das erfolgreiche Konzept auch in Deutschland zu etablieren. „Sport verbindet uns und schließlich ist jeder ein Mensch, egal von wo er kommt. Anfangs wurde ich hier von Einheimischen oft gewarnt: Sperr deine Fahrräder ab, sonst sind sie weg. Mir wurde noch nie etwas gestohlen.“ „Wenn sich jeder etwas Mühe geben würde“ spricht Paul abschließend „würde es allen besser gehen.“ Ein schönes Schlusswort.

Wie geht es weiter? Beim Abbauen der Küche steht plötzlich Ellen, die Frau von Jan Paul am Auto. Schließlich war er fast den ganzen Feiertag nicht zuhause bei der Familie. Jan Paul und Paul helfen beim Aufräumen und machen Fotos mit dem Reise-Beast. Beide sind sich einig: „Wenn wir nicht so tolle Frauen hätten, die uns den Rücken frei halten würden, könnten wir beide den Sport und diese andere Dinge nicht tun. Dafür sind wir sehr dankbar.“

 


 

 Unser nächster Auftrag

Jan Paul und Paul beschließen, dass der nächste Gast eine Frau sein sollte. „Bekocht doch eine Frau, die viele Kinder hat und auch die Kinder gleich mit, damit sie sich einmal ausruhen kann. Wir möchten wissen, wie es ihr geht und wie sie ihr Leben so meistert.“ Wir nehmen den Auftrag an. Wir müssen diesen Gast nun suchen. „Und kocht ihr einen original niederländischen Stampott“, sagt Paul. „Ich schicke Euch ein Rezept meiner Oma, von dem viele gut satt werden.“

 

Links zu Bad Karlshafen und Weitere Infos rund um den Artikel

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Solling Volger Region, Weser, Weserbergland
Fotograf Bad Karlshafen

Warmlopers
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Heimatmuseum in Helmarshausen, Weser
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